Samstag, 14. Juli 2012

Hofgang im Handstand - Mein Weg in die Freiheit von Uwe Woitzig

Uwe Woitzig
 
Hofgang im Handstand
 
Mein Weg in die Freiheit
336 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
€ 19,99 [D]
€ 20,60 [A]
CHF 30,90
ISBN: 978-3-7787-9224-7
Integral Verlag, ET: September 2011
 
„Zwei elementare Katastrophen sind es, die den Menschen seit jeher schicksalhaft heimgesucht haben: Krankheit und Krieg. Beide haben den Menschen immer wieder dazu veranlasst, notwendige Fragen zu stellen, nach dem Lebenssinn, ….. Es gibt noch eine dritte elementare Katastrophe: das Gefängnis…… Ins Gefängnis zu kommen ist wie ein kleiner Tod.“
So beginnt der Autor sein Vorwort zu „Hofgang im Handstand“, ein aus meiner Sicht lesenswertes Buch, in dem er seinen Niedergang aus einer Welt schildert, in der wohl von uns sehr gerne viele leben würden, einer Welt, in der einem alles zur Verfügung steht, was man für Geld kaufen kann, die tollsten Ferienorte, die tollsten Hotels, ein Leben in Saus und Braus in der „High Society“ der Stars und Sternchen.
Und doch bemerkt Uwe Woitzig, der mit 35 Jahren als Eigentümer einer Privatbank mit Büros in Monte Carlo und New York bereits alles erreicht hat, wie oberflächlich die zwischenmenschlichen Beziehungen in dieser Welt der Reichen und Schönen sind. Doch bewusst machen, sich dieser Tatsache stellen, das kann er (noch) nicht!
Erst als er die Renditeversprechen, die er seinen Kunden gemacht hat, nicht mehr einhalten kann, sein berufliches Werk wie ein Kartenhaus zusammenbricht und er sich letztendlich nach einer mehrere Wochen dauernden Flucht vor den Behörden der Justiz stellt, beginnt bei ihm ein Prozess des Umdenkens, der er in diesem Buch auf beeindruckende Art geschildert wird.
Zunächst scheint der Vergleich, den er zwischen dem Leben im Knast und dem Alltag des Menschen in unserer modernen Gesellschaften weit hergeholt. Wer möchte schon gerne zugeben, dass der Alltagstrott, mit seinen mehr oder weniger geduldeten Fremdbestimmungen, im Grunde auch nichts anderes als ein virtuelles Gefängnis ist.
Seine These ist, dass wir alle die Fähigkeiten haben, die Fesseln unserer inneren Gefängnisse zu sprengen, „wie ein Phönix aus der Asche, gestärkt an Körper, Seele und Geist, selbst-bewusst – das heißt, sich seines Selbst bewusst – wieder aufstehen aus den Trümmern eines dahindämmernden Lebens, um den Mast zu setzen, den Anker zu lichten und den alten Hafen mit den durch die Familie, Schulen und Universitäten erzeugten Programmierungen und den angenommenen roboterhaften Verhaltensautomatismen zu verlassen. Um von nun an authentisch, das heißt natürlich und gelöst, zu leben. Und dadurch nicht nur die Früchte der bedingungslosen Liebe zu pflücken, sondern auch das Glück des inneren Gleichmuts und der individuellen Freiheit erfahren zu können.“
Die grundlegende Botschaft lautet: „Nimm alles, was dir widerfährt, dankbar an!“
Getrieben von diesem Leitsatz beschließt Woitzig, Verantwortung für seine Taten zu übernehmen, Kapitän seines Lebens zu werden. Dazu nutzt er die Zeit im Gefängnis, das, wie er schreibt „ihn vor der Gesellschaft schützt“. Will sagen, vor dem so sein zu müssen, wie man meint, sein zu müssen.
Er schildert das Prinzip des Pendels, nachdem nur ein Mensch, der großes Leid empfinden kann, auch zu großer Freude fähig ist. „Demzufolge muss jeder Mensch sich entsprechend weit zur anderen Seite des Empfindens bewegt haben, bevor er in der Lage ist, große Freude oder Glück zu erleben.“
So begibt sich der Leser mit dem Autor auf die Reise zu seinem wahren Wesen. Von den bedrückenden Angstgefühlen, die einen beim bloßen Gedanken an eine Gefängniszelle heimsuchen, über die inneren Konflikte, ausgelöst durch den Spagat zwischen „Zulassen und Loslassen“ des eigenen Egos, der Ereignisse, hin zu den neuen Erfahrungen des Lebens im „Hier und Jetzt“, getragen vom dankbaren Annehmen dessen was ist.
Der Leser wird in vielen Phasen dieses Buches Trittbrett fahren und sich der Selbstreflexion hingeben (müssen). Er wird vieles auf den Prüfstand stellen, was er tagtäglich mit seinem Leben anfängt und was er sich damit antut.
Und das ist gut so!
Für mich ein Buch, das Mut macht. Mut,
-          den Lichtstrahl auf das Leben zu lenken
-          sich und seine Verhaltensweisen und Gedankenspiele zu hinterfragen
-          sich dem Fluss des Lebens hinzugeben
-          sich aus dem inneren Gefängnis nach und nach zu befreien.
Für mich ein sehr authentisches Buch!
André Leyens

Sonntag, 1. Juli 2012

Das Leben lebt sich vorwärts, verstanden wird es rückwärts!

Pfeil (c) Judith Lisser-Meister  / pixelio.de
Die deutsche Elf ist am letzten Donnerstag gegen Italien im Halbfinale der UEFA-Europameisterschaft ausgeschieden. Und gleich danach ging es los mit der Kritik:

Kritik an den Spielern, am Trainerteam, an der Austellung. Zahlreich waren die, die es schon immer gewusst hatten, dass das "so ja nichts werden konnte". Einige gingen gar soweit, den sofortigen Rücktritt von Löw zu fordern. Mario Gomez, ein paar Tage vorher, als er aus einer Drehung heraus sein geniales Tor schoß, noch der Held der Nation, hatte auf ein Mal nur noch "die Haare schön".... Hätte die deutsche Elf am Donnerstag gewonnen, würden wahrscheinlich die gleichen Leute nur noch des Lobes für aller Beteiligten sein.

Ja, im Nachhinein ist man, sind wir immer schlauer. Doch leider müssen die Entscheidungen vorher getroffen werden, in einer Situation, wo wir eben nicht wissen (können), wie die Dinge tatsächlich ausgehen. Dies müssen wir tagtäglich viele Dutzend Male tun, mal mit weniger, mal mit mehr Tragweite unserer getroffenen Entscheidungen.

Das Zitat in der Überschrift stammt aus dem Buch "Hofgang in Handstand" von Uwe Woitzig, das ich gerade gelesen habe und ich finde, es passt sehr gut in diese aktuelle Debatte.

Wie schnell sind wir mit unserer Kritik bei der Sache? Kritik an den Vorgesetzten, an den Firmenchefs? Kritik am Staat,an der Regierung? Und eben auch Kritik an der deutschen Elf?

Doch wie sieht es auf der anderen Seite aus, wenn es darum geht, selbst in den Ring zu steigen, selbst Verantwortung zu übernehmen?

Wie oft höre ich da, "ich kann doch daran gar nichts ändern", "die da oben verdienen mehr Geld als ich, sollen die da oben mal machen!"

Wenn wir es doch besser wissen, was spricht dann dagegen, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten einzubringen? Doch dazu fehlt dann oft der Mut. Tatsache ist, wenn wir Verantwortung übernehmen, machen wir uns auch ein Stückweit angreifbar. Wie begeben uns automatisch in eine exponierte Position, wir werden meßbar. Angenehmer ist es da wahrscheinlich schon, aus der Anonymität zu kritisieren.

Im Internet nimmt dieses Verhalten stetig zu. Wie viele schreiben dort, geschützt durch Ihre "Decknamen", was sie über dies oder jenes denken. Dort werden teilweise ungeprüfte Aussagen, Gerüchte über Personen des öffentlichen Lebens in die Welt gesetzt, die dann einen Flächenbrand auslösen. Konsequenzen für die Autoren? Keine! Für die Betroffenen? Zum Teil gigantische!

Löw hat Verantwortung übernommen, hat Entscheidungen getroffen. Sie waren in den letzten 14 Pflichtspielen der deutschen Elf richtig! Im 15. Spiel hat sie sich als falsch herausgestellt! Aber wie gesagt, feststellen konnten wir dies erst im Nachhinein!!!!

Wenn wir das nächste Mal kritisieren wollen, so lassen Sie uns doch gemeinsam daran denken: "Das Leben lebt sich vorwärts, verstanden wird es aber rückwärts".

In diesem Sinne, einen schönen Sonntag
Ihr André Leyens